27.6.2018
Mietwagen abgeben (Karin), Formalitäten
bei den sehr netten Beamten erledigen (Klaus)
1200: Ablegen Ponta Delgada, warten an
der Tanke, aber dann geht’s los bei Wind W14kn.
Es dauert etwas, bis die lange Insel
Sao Miguel passiert ist. Dann kommt der Wind aus NW und frischt immer
mehr auf. Mit ordentlich Schräglage geht es in die Nacht. 6Kn,
später auch mal 7 stehen auf dem Tacho!
Ein wenig Schiffsverkehr ist auch
vorhanden, zuerst ein querender Segler, der aber keine
Positionslichter führt, sondern nur kurz das Topplicht und AIS
anmacht und nach dem Passieren wieder aus (muss wohl auch Strom
sparen, kommt mir bekannt vor!). Und natürlich die obligatorische
Fischstäbchenfabrik. Obwohl riesig, sendet auch sie kein AIS-Signal,
vermutlich, um ihren Standort nicht zu verraten.
28.6.
Die Sonne geht auf, Wind N20kn, also
weiter am Wind segeln.
Im Laufe des Tages werden es dann noch
25kn mit der sich natürlich inzwischen aufgebauten Welle. Kurs 80°,
ungemütliches Fahren.
29.6.
Wind eher noch stärker aus NNE, bis zu
30kn, dabei üble Welle.
Am Wind sind's dann auch „scheinbar“
35kn, Spitzenwert 42! Stimmung nicht mehr ganz so dolle...
In der Nacht zweimal Kollisionskurs.
Einem Fischerboot, dessen Kurs man erst nicht einschätzen konnte,
mussten wir mit einigen Kringeln ausweichen. Da war der Kontakt mit
der „ZIM Texas“ mit Ziel Halifax schon angenehmer. Der änderte
seinen Kurs um ein paar Grad und der Funker hatte sogar Zeit für ein
kleines Schwätzchen.
30.6.
Unveränderte Situation, Förthi
steuerte uns auch bei widrigen Winden und fieser Welle durch Nacht
und Tag.
Funkkontakt mit der „BBC Magellan“,
der Frachter hatte schon vorab seinen Kurs etwas geändert. Ich
bedankte mich herzlich und bekam zur Antwort, das sei gute Tradition
und „We are all sailors“. Auch einen Wetterbericht gab er uns
durch, leider unverändert.
Inzwischen ist alles im Schiff feucht,
entweder durch die nassen Klamotten oder den undichten Lüfter, kalt
ist es nachts ebenfalls.
Übrigens bin ich jetzt genau 1 Jahr
unterwegs, nach feiern ist mir im Moment aber nicht. Warte immer
darauf, dass etwas zu Bruch geht.
1.7.
Auch die letzte Nacht ist rumgegangen,
ich konnte dank Karin auch einige Stunden schlafen. Immer noch Wind
30kn aus N, Wellen 3-4m, das ist fast bis zum 2. Stockwerk eines
Hauses!
Im Laufe des Tages etwas abflauend, die
erste warme Mahlzeit (Spaghetti) ist möglich. Die Nacht wird lausig
kalt und feucht.
2.7.
Wind auffrischend, wieder 25kn aus NW,
leider auch weiterhin kalt und nass, mit der zunehmenden Feuchte im
Schiff nicht angenehm.
Im Tagesverlauf wird der Wind
schwächer, gegen Abend nur noch 10kn.
Dann die böse Überraschung: Der Motor
läuft zum Laden der Batterien und um zusätzlich etwas Fahrt zu
generieren, kupple ich ein. Ausser starken Vibrationen tut sich
nichts, weder vorwärts noch rückwärts. Propeller oder Getriebe?
Der Motorraum ist unauffällig, Ölstand des Getriebes ist ok, mit
abgestelltem Motor lässt es sich auch mit dem kleinen Finger
schalten.
Wir beratschlagen und kommen zu dem
Entschluss, bis Bayona unter Segeln zu fahren und dann vor Anker zu
gehen, oder dort direkt Schlepphilfe anzufordern. Meine Stimmung ist
am A..., Karin erscheint gefasster.
Machen nur noch 2,5kn!
3.7.
In der Nacht ging es dann doch bis auf
durchschnittlich 4kn hoch, so könnte es gelingen! Arme Ritter gab's
zum Frühstück und dann schlief der Wind ein. Nur ein bisschen
Strömung schob uns noch vorwärts. Bei inzwischen Sonne erledigte
ich ein paar Kleinigkeiten am Schiff und Karin buk Brot. So konnte es
natürlich nicht lange weitergehen und in meinem Kopf regten sich die
Gedanken. Im Ausschlussverfahren wollte ich dem Problem auf den Grund
gehen. Zuerst den Propeller kontrollieren, aber wie? Einen Tauchgang
bei 4000m Wassertiefe und gefühlten 16° traute ich mir nicht zu.
Mein Weihnachtsgeschenk, die GoPro wurde am Piekhaken befestigt und
nach Gefühl und Wellenschlag zu Wasser gelassen. Erst konnte man auf
den Videos nur erkennen, dass die Schraube im Bild war. Auf dem
Tablet zeigte sich dann ganz eindeutig, dass sich der Teil eines
Netzes verfangen hatte.
Der Tauchgang wurde sorgfältig
geplant. Badeleiter montiert, eine Hilfsleine quer unters Schiff
gespannt und dann der Klaus mit Lifebelt und Sicherungsleine zu
Wasser gelassen. Kaum war der Kopf unter Wasser, kam Panik auf und
ich wollte das Abenteuer Tiefseetauchen abbrechen. Wieder an Deck und
der Überlegung, das doch besser irgendwo vor Anker zu machen, nahm
ich mein zitterndes Herz in beide Hände und wagte einen zweiten
Versuch. Diesmal ohne Schnorchel! Das Messer in der Hand und das
erwähnte Herz in der nicht vorhandenen Hose, hangelte ich mich an
der Hilfsleine runter, und...es gelang im ersten Anlauf ca. 2qm Netz
aus dem Propeller zu schneiden. Die Erleichterung danach könnt ihr
euch sicher vorstellen?! Zur Belohnung bekam der „Held“ eine
richtig selbstgemachte Pizza und das eine oder andere Glas Wein.
Ich hatte aber wirklich Schiss!!!
Die Aktion gelang zum richtigen
Zeitpunkt, denn es war windstill. Unter sonorem Brummen des Volvos
ging's in die Nacht. Selten habe ich ein Motorengeräusch so
genossen!
4.7.
Die ganze Nacht blieb es windarm und
der Volvo schnurrte weiter. Schön, dass inzwischen die Sonne da war
und auch die Temperaturen anstiegen. So kam Karin in den Genuss eines
wohlverdienten Sonnenbades. Kurz vor Sonnenuntergang kam dann Bayona,
an der Nordwestecke von Spanien gelegen, in Sicht. Bis wir
festgemacht hatten, war es dann inzwischen 2330. Noch ein paar Glas
Wein auf die glückliche, wenn auch schwierige Überfahrt, und ab in
die Heia!