Freitag, 6. Juli 2018

Ponta Delgada-Bayona

27.6.2018

Mietwagen abgeben (Karin), Formalitäten bei den sehr netten Beamten erledigen (Klaus)
1200: Ablegen Ponta Delgada, warten an der Tanke, aber dann geht’s los bei Wind W14kn.
Es dauert etwas, bis die lange Insel Sao Miguel passiert ist. Dann kommt der Wind aus NW und frischt immer mehr auf. Mit ordentlich Schräglage geht es in die Nacht. 6Kn, später auch mal 7 stehen auf dem Tacho!
Ein wenig Schiffsverkehr ist auch vorhanden, zuerst ein querender Segler, der aber keine Positionslichter führt, sondern nur kurz das Topplicht und AIS anmacht und nach dem Passieren wieder aus (muss wohl auch Strom sparen, kommt mir bekannt vor!). Und natürlich die obligatorische Fischstäbchenfabrik. Obwohl riesig, sendet auch sie kein AIS-Signal, vermutlich, um ihren Standort nicht zu verraten.

28.6.

Die Sonne geht auf, Wind N20kn, also weiter am Wind segeln.
Im Laufe des Tages werden es dann noch 25kn mit der sich natürlich inzwischen aufgebauten Welle. Kurs 80°, ungemütliches Fahren.

29.6.

Wind eher noch stärker aus NNE, bis zu 30kn, dabei üble Welle.
Am Wind sind's dann auch „scheinbar“ 35kn, Spitzenwert 42! Stimmung nicht mehr ganz so dolle...
In der Nacht zweimal Kollisionskurs. Einem Fischerboot, dessen Kurs man erst nicht einschätzen konnte, mussten wir mit einigen Kringeln ausweichen. Da war der Kontakt mit der „ZIM Texas“ mit Ziel Halifax schon angenehmer. Der änderte seinen Kurs um ein paar Grad und der Funker hatte sogar Zeit für ein kleines Schwätzchen.

30.6.

Unveränderte Situation, Förthi steuerte uns auch bei widrigen Winden und fieser Welle durch Nacht und Tag.
Funkkontakt mit der „BBC Magellan“, der Frachter hatte schon vorab seinen Kurs etwas geändert. Ich bedankte mich herzlich und bekam zur Antwort, das sei gute Tradition und „We are all sailors“. Auch einen Wetterbericht gab er uns durch, leider unverändert.
Inzwischen ist alles im Schiff feucht, entweder durch die nassen Klamotten oder den undichten Lüfter, kalt ist es nachts ebenfalls.
Übrigens bin ich jetzt genau 1 Jahr unterwegs, nach feiern ist mir im Moment aber nicht. Warte immer darauf, dass etwas zu Bruch geht.

1.7.

Auch die letzte Nacht ist rumgegangen, ich konnte dank Karin auch einige Stunden schlafen. Immer noch Wind 30kn aus N, Wellen 3-4m, das ist fast bis zum 2. Stockwerk eines Hauses!
Im Laufe des Tages etwas abflauend, die erste warme Mahlzeit (Spaghetti) ist möglich. Die Nacht wird lausig kalt und feucht.

2.7.

Wind auffrischend, wieder 25kn aus NW, leider auch weiterhin kalt und nass, mit der zunehmenden Feuchte im Schiff nicht angenehm.
Im Tagesverlauf wird der Wind schwächer, gegen Abend nur noch 10kn.
Dann die böse Überraschung: Der Motor läuft zum Laden der Batterien und um zusätzlich etwas Fahrt zu generieren, kupple ich ein. Ausser starken Vibrationen tut sich nichts, weder vorwärts noch rückwärts. Propeller oder Getriebe? Der Motorraum ist unauffällig, Ölstand des Getriebes ist ok, mit abgestelltem Motor lässt es sich auch mit dem kleinen Finger schalten.
Wir beratschlagen und kommen zu dem Entschluss, bis Bayona unter Segeln zu fahren und dann vor Anker zu gehen, oder dort direkt Schlepphilfe anzufordern. Meine Stimmung ist am A..., Karin erscheint gefasster.
Machen nur noch 2,5kn!

3.7.

In der Nacht ging es dann doch bis auf durchschnittlich 4kn hoch, so könnte es gelingen! Arme Ritter gab's zum Frühstück und dann schlief der Wind ein. Nur ein bisschen Strömung schob uns noch vorwärts. Bei inzwischen Sonne erledigte ich ein paar Kleinigkeiten am Schiff und Karin buk Brot. So konnte es natürlich nicht lange weitergehen und in meinem Kopf regten sich die Gedanken. Im Ausschlussverfahren wollte ich dem Problem auf den Grund gehen. Zuerst den Propeller kontrollieren, aber wie? Einen Tauchgang bei 4000m Wassertiefe und gefühlten 16° traute ich mir nicht zu. Mein Weihnachtsgeschenk, die GoPro wurde am Piekhaken befestigt und nach Gefühl und Wellenschlag zu Wasser gelassen. Erst konnte man auf den Videos nur erkennen, dass die Schraube im Bild war. Auf dem Tablet zeigte sich dann ganz eindeutig, dass sich der Teil eines Netzes verfangen hatte.
Der Tauchgang wurde sorgfältig geplant. Badeleiter montiert, eine Hilfsleine quer unters Schiff gespannt und dann der Klaus mit Lifebelt und Sicherungsleine zu Wasser gelassen. Kaum war der Kopf unter Wasser, kam Panik auf und ich wollte das Abenteuer Tiefseetauchen abbrechen. Wieder an Deck und der Überlegung, das doch besser irgendwo vor Anker zu machen, nahm ich mein zitterndes Herz in beide Hände und wagte einen zweiten Versuch. Diesmal ohne Schnorchel! Das Messer in der Hand und das erwähnte Herz in der nicht vorhandenen Hose, hangelte ich mich an der Hilfsleine runter, und...es gelang im ersten Anlauf ca. 2qm Netz aus dem Propeller zu schneiden. Die Erleichterung danach könnt ihr euch sicher vorstellen?! Zur Belohnung bekam der „Held“ eine richtig selbstgemachte Pizza und das eine oder andere Glas Wein.
Ich hatte aber wirklich Schiss!!!
Die Aktion gelang zum richtigen Zeitpunkt, denn es war windstill. Unter sonorem Brummen des Volvos ging's in die Nacht. Selten habe ich ein Motorengeräusch so genossen!

4.7.

Die ganze Nacht blieb es windarm und der Volvo schnurrte weiter. Schön, dass inzwischen die Sonne da war und auch die Temperaturen anstiegen. So kam Karin in den Genuss eines wohlverdienten Sonnenbades. Kurz vor Sonnenuntergang kam dann Bayona, an der Nordwestecke von Spanien gelegen, in Sicht. Bis wir festgemacht hatten, war es dann inzwischen 2330. Noch ein paar Glas Wein auf die glückliche, wenn auch schwierige Überfahrt, und ab in die Heia!

1 Kommentar:

  1. Echt spannend und mutig ,meinen vollen Respekt.
    Hoffe es wird bald angenehmer für euch.
    Gruss Harry

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