Aktuell: Nach genau 4 Tagen ist Porto
Santo, die kleine Schwester von Madeira erreicht. Aber davon später
1.9.
Vor genau 2 Monaten gings los und heute
ist es wieder soweit! Die Entscheidung, die Südalgarve auszulassen,
ist mir nicht leicht gefallen. Aber das wären noch mindestens 65 sm
bis ums Cabo Sao Vicente herum und wahrscheinlich wieder unter Motor.
Ausserdem sind die Marinas dort sehr teuer und ein bisschen habe ich
ja schon bei unserem „Landurlaub“ gesehen. Bestärkt hat mich
noch ein Liegeplatznachbar, der von Überfüllung sprach.
Na ja, also wieder Wetter studiert und
Grib-Files runtergeladen. Das sah gar nicht schlecht aus für die 465
sm zum Madeira Archipel. Erst Wind aus NW 5-6 Bft, später dann
weniger werdend.
Relativ früh in Sines abgelegt und
nach dem Verstauen von Fendern und Leinen Vollzeug gesetzt. Am frühen
Nachmittag kam erst das erste Reff, dann das zweite! Der Wind
frischte immer weiter auf und gegen Abend hatten wir dann bis zu 40
kn wahrer Wind in Böen, aber immer über 33! Als sich dann auch die
unausweichlichen Kreuzseen bildeten wurd's richtig Sch... Kaum ein
Kurs war zu halten, schon gar nicht, den ich fahren wollte. Diesmal
wollte ich auf Nummer sicher gehen und so lief ich nur mit ¼ Genua
bei 160° vor dem Wind ab. Platz war ja ausreichend vorhanden, dachte
ich.
Auch das Verkehrstrennungsgebiet vor
dem Cabo Sao Vicente, das ist da, wo die dicken Pötten in die Straße
von Gibraltar oder raus fahren, brauchte ich nicht zu tangieren.
Trotzdem war auf der Zufahrt zur Schiffsautobahn schon einiges los.
Besonders die "Vega Leader", richtiger Brummer, kam immer näher. Da
noch nicht im Verkehrstrennungsgebiet hatte ich als Segler eigentlich
Vorrecht, aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Also den
Pott angefunkt! Der gab mir zu verstehen, daß er seinen Kurs nicht
ändern könne (PC???) aber schnell genug sei, um vor meinem Bug
vorbeizugehen. Schnell war er, aber nicht schnell genug. Also Manöver
des letzten Augenblicks, Motor an und mit backstehender Genua auf
Parallelkurs, bis er vorbeir war. Obrigado por nada!!!, oder so
ähnlich. Wieder auf alten Kurs und die Wellen wurden immer höher.
Gottseidank wurde es bald dunkel und ich brauchte sie nicht mehr zu
sehen. Aber das Geräusch wenn sie, wie meistens, hinter der FLY
brechen, hört sich an wie ein ankommender D-Zug. Die Nacht mehr
schlecht als recht hinter mich gebracht, vielleicht 3 mal 10 Minuten
geschlafen und das quasi im Salzteig. Ich sehnte den Sonnenaufgang
herbei, aber der kommt ja schon recht spät. Und die fiesen Wellen
waren so hoch wie ein Hochhaus, ein kleines.
2.9.
Der Wind ließ gegen 0900 tatsächlich
nach, aber die Welle stand noch bis Nachmittag. Die Genua wurde
wieder frei gelassen und direkter Kurs konnte angelegt werden. Als es
insgesamt etwas ruhiger wurde, musste die Salzkruste runter. Bei viel
Geschaukel im Cockpit geduscht, was für eine Wohltat. Auch die
Lebensgeister kehrten zurück, immerhin war schon 1/3 der Strecke
geschafft.
Dann wurd's gespenstisch. Seit 1000
kein Schiff mehr gesichtet, auch das AIS zeigte keine Ziele, der
kleine Klaus mitten in einer dunkelblauen Wasserwüste, die auch noch
5000m tief ist. Kein Vogel, nur ein einziger fliegender Fisch lag auf
einmal im Cockpit, aber leider schon tot. Und dann die Stimmen!
Überall im Schiff murmelte es, manchmal dachte ich, da unterhalten
sich welche. Oder ob's vielleicht aus der Funke kommt?
Nein, kein Fall für die Psychiatrie,
die Geräusche kommen aus den gurgelnden Abflüssen, oder sind
manchmal auch einfach nur Windgeräusche, aber echt komisch.
Alle 30 Sekunden kommt so ne
Riesenwelle von hinten, aber die will nur spielen und den Brummer ein
bisschen aus der Bahn werfen. Meistens lupft der nur sein Hinterteil
und lässt sie durchrauschen, oder wir surfen auf ihr. Nur des
Nachts, wenn's keiner sieht, dann schaffen sie es. Soweit, daß die
Genua killt, einfällt und sich mit einem Knall wieder entfaltet. An
diesem Tag hätte ich 8 Stunden am Stück schlafen können, überhaupt
nichts in Sicht. Aber das weiß man ja nicht vorher, also werden alle
15-20 min die Instrumente kontrolliert und kurz Ausguck gehalten.
Nachts macht das gar keinen Spaß, kaum bin ich eingeschlafen,
bimmelt schon der Kurzzeitwecker und raus aus den Federn! Elli oder
Foerthi bedienen die ganze Zeit das Ruder. Den Luxus des elektrischen
Autopiloten gönne ich mir, auch wenn es meine Energiebilanz doch arg
strapaziert. Elli ist eben konsumfreudig, ganz Frau (politisch nicht
korrekt, ich weiß!!!). So muss 2 mal am Tag der Diesel für jeweils
eine Stunde Strom machen.
3.9.
Und immer wieder geht die Sonne auf...
Sie wird auch von mir gerne gesehen,
die Nächte sind doch arg lang und die 20 min Schlaf am Stück sind
irgendwie nervig. Heute bei leichtem Wind aus NW Förthi auch mal
wieder länger rangelassen. Bis ca. 150° zum Wind macht er seine
Sache sehr gut und frisst keinen Strom! Die Tage lassen sich gut
aushalten, es wird schnell angenehm warm und die Hüllen fallen
nacheinander. Wenn das ganze Schiff nicht immer noch von der ersten
Nacht von einer Salzkruste bedeckt wäre, alles was mann anpackt
klebt und ich muss mir dauernd die Hände waschen. Bei diesen
Verrichtungen und dem An- und Ausziehen sollte äusserste Vorsicht an
den Tag gelegt werden! Einmal quer durch dem Rumpf schiessen, weil
mann gerade auf einem Bein steht, könnte böse enden.
Den ganzen Tag kaum ein Schiff gesehen,
erst recht keine Sportboote. Nur in der Nacht war's wieder soweit,
die "Helsinki" lief geradewegs auf mich zu! Aus der Brücke wohl alle
im Tiefschlaf oder besoffen?! Meine wiederholten Funkanrufe wurden
nicht erwidert, selbst das Anleuchten des Segels mit der Taschenlampe
zeigte keine Wirkung. Diesmal gab ich dann dem Volvo die Sporen und
konnte unter Vollgas noch vor ihm herhuschen! Was heißt „danke für
nichts“ wohl auf finnisch???
4.9.
Wieder ein schöner Tag. Fand auf dem
Vordeck einen an Bord gesprungenen kleinen Kalmar. Den gekocht und
anschliessend in Essig und Öl..Nein natürlich nicht, wurde wieder
aussenbords befördert.
Heute mal wieder das Gefühl gehabt, in
einer Parallelwelt zu segeln, kein einziges Schiff und rundherum
überall nur Wasser. In dieser Welt ist die Erde doch eben eine
Scheibe, Nicky wird das verstehen!?
Bei nur noch 120 sm fängt die
Rechnerei an, mitten in der Nacht will ich nämlich nicht ankommen.
Unter Segeln war ich eh langsam genug, aber als später der Motor
lief, drosselte ich die Fahrt.
So sollte es klappen, erst nach
Sonnenaufgang einzutreffen. Und so wars dann auch, die ersten
Sonnenstrahlen beleuchteten Porto Santo!!!
Leider reicht für Fotos weder Handynetz noch sonstwas. So ist das eben in Parallelwelten!