Dienstag, 5. September 2017

Überfahrt zum Madeira Archipel




Aktuell: Nach genau 4 Tagen ist Porto Santo, die kleine Schwester von Madeira erreicht. Aber davon später

1.9.

Vor genau 2 Monaten gings los und heute ist es wieder soweit! Die Entscheidung, die Südalgarve auszulassen, ist mir nicht leicht gefallen. Aber das wären noch mindestens 65 sm bis ums Cabo Sao Vicente herum und wahrscheinlich wieder unter Motor. Ausserdem sind die Marinas dort sehr teuer und ein bisschen habe ich ja schon bei unserem „Landurlaub“ gesehen. Bestärkt hat mich noch ein Liegeplatznachbar, der von Überfüllung sprach.
Na ja, also wieder Wetter studiert und Grib-Files runtergeladen. Das sah gar nicht schlecht aus für die 465 sm zum Madeira Archipel. Erst Wind aus NW 5-6 Bft, später dann weniger werdend.
Relativ früh in Sines abgelegt und nach dem Verstauen von Fendern und Leinen Vollzeug gesetzt. Am frühen Nachmittag kam erst das erste Reff, dann das zweite! Der Wind frischte immer weiter auf und gegen Abend hatten wir dann bis zu 40 kn wahrer Wind in Böen, aber immer über 33! Als sich dann auch die unausweichlichen Kreuzseen bildeten wurd's richtig Sch... Kaum ein Kurs war zu halten, schon gar nicht, den ich fahren wollte. Diesmal wollte ich auf Nummer sicher gehen und so lief ich nur mit ¼ Genua bei 160° vor dem Wind ab. Platz war ja ausreichend vorhanden, dachte ich.
Auch das Verkehrstrennungsgebiet vor dem Cabo Sao Vicente, das ist da, wo die dicken Pötten in die Straße von Gibraltar oder raus fahren, brauchte ich nicht zu tangieren. Trotzdem war auf der Zufahrt zur Schiffsautobahn schon einiges los. Besonders die "Vega Leader", richtiger Brummer, kam immer näher. Da noch nicht im Verkehrstrennungsgebiet hatte ich als Segler eigentlich Vorrecht, aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Also den Pott angefunkt! Der gab mir zu verstehen, daß er seinen Kurs nicht ändern könne (PC???) aber schnell genug sei, um vor meinem Bug vorbeizugehen. Schnell war er, aber nicht schnell genug. Also Manöver des letzten Augenblicks, Motor an und mit backstehender Genua auf Parallelkurs, bis er vorbeir war. Obrigado por nada!!!, oder so ähnlich. Wieder auf alten Kurs und die Wellen wurden immer höher. Gottseidank wurde es bald dunkel und ich brauchte sie nicht mehr zu sehen. Aber das Geräusch wenn sie, wie meistens, hinter der FLY brechen, hört sich an wie ein ankommender D-Zug. Die Nacht mehr schlecht als recht hinter mich gebracht, vielleicht 3 mal 10 Minuten geschlafen und das quasi im Salzteig. Ich sehnte den Sonnenaufgang herbei, aber der kommt ja schon recht spät. Und die fiesen Wellen waren so hoch wie ein Hochhaus, ein kleines.

2.9.

Der Wind ließ gegen 0900 tatsächlich nach, aber die Welle stand noch bis Nachmittag. Die Genua wurde wieder frei gelassen und direkter Kurs konnte angelegt werden. Als es insgesamt etwas ruhiger wurde, musste die Salzkruste runter. Bei viel Geschaukel im Cockpit geduscht, was für eine Wohltat. Auch die Lebensgeister kehrten zurück, immerhin war schon 1/3 der Strecke geschafft.
Dann wurd's gespenstisch. Seit 1000 kein Schiff mehr gesichtet, auch das AIS zeigte keine Ziele, der kleine Klaus mitten in einer dunkelblauen Wasserwüste, die auch noch 5000m tief ist. Kein Vogel, nur ein einziger fliegender Fisch lag auf einmal im Cockpit, aber leider schon tot. Und dann die Stimmen! Überall im Schiff murmelte es, manchmal dachte ich, da unterhalten sich welche. Oder ob's vielleicht aus der Funke kommt?
Nein, kein Fall für die Psychiatrie, die Geräusche kommen aus den gurgelnden Abflüssen, oder sind manchmal auch einfach nur Windgeräusche, aber echt komisch.
Alle 30 Sekunden kommt so ne Riesenwelle von hinten, aber die will nur spielen und den Brummer ein bisschen aus der Bahn werfen. Meistens lupft der nur sein Hinterteil und lässt sie durchrauschen, oder wir surfen auf ihr. Nur des Nachts, wenn's keiner sieht, dann schaffen sie es. Soweit, daß die Genua killt, einfällt und sich mit einem Knall wieder entfaltet. An diesem Tag hätte ich 8 Stunden am Stück schlafen können, überhaupt nichts in Sicht. Aber das weiß man ja nicht vorher, also werden alle 15-20 min die Instrumente kontrolliert und kurz Ausguck gehalten. Nachts macht das gar keinen Spaß, kaum bin ich eingeschlafen, bimmelt schon der Kurzzeitwecker und raus aus den Federn! Elli oder Foerthi bedienen die ganze Zeit das Ruder. Den Luxus des elektrischen Autopiloten gönne ich mir, auch wenn es meine Energiebilanz doch arg strapaziert. Elli ist eben konsumfreudig, ganz Frau (politisch nicht korrekt, ich weiß!!!). So muss 2 mal am Tag der Diesel für jeweils eine Stunde Strom machen.

3.9.

Und immer wieder geht die Sonne auf...
Sie wird auch von mir gerne gesehen, die Nächte sind doch arg lang und die 20 min Schlaf am Stück sind irgendwie nervig. Heute bei leichtem Wind aus NW Förthi auch mal wieder länger rangelassen. Bis ca. 150° zum Wind macht er seine Sache sehr gut und frisst keinen Strom! Die Tage lassen sich gut aushalten, es wird schnell angenehm warm und die Hüllen fallen nacheinander. Wenn das ganze Schiff nicht immer noch von der ersten Nacht von einer Salzkruste bedeckt wäre, alles was mann anpackt klebt und ich muss mir dauernd die Hände waschen. Bei diesen Verrichtungen und dem An- und Ausziehen sollte äusserste Vorsicht an den Tag gelegt werden! Einmal quer durch dem Rumpf schiessen, weil mann gerade auf einem Bein steht, könnte böse enden.
Den ganzen Tag kaum ein Schiff gesehen, erst recht keine Sportboote. Nur in der Nacht war's wieder soweit, die "Helsinki" lief geradewegs auf mich zu! Aus der Brücke wohl alle im Tiefschlaf oder besoffen?! Meine wiederholten Funkanrufe wurden nicht erwidert, selbst das Anleuchten des Segels mit der Taschenlampe zeigte keine Wirkung. Diesmal gab ich dann dem Volvo die Sporen und konnte unter Vollgas noch vor ihm herhuschen! Was heißt „danke für nichts“ wohl auf finnisch???

4.9.

Wieder ein schöner Tag. Fand auf dem Vordeck einen an Bord gesprungenen kleinen Kalmar. Den gekocht und anschliessend in Essig und Öl..Nein natürlich nicht, wurde wieder aussenbords befördert.
Heute mal wieder das Gefühl gehabt, in einer Parallelwelt zu segeln, kein einziges Schiff und rundherum überall nur Wasser. In dieser Welt ist die Erde doch eben eine Scheibe, Nicky wird das verstehen!?
Bei nur noch 120 sm fängt die Rechnerei an, mitten in der Nacht will ich nämlich nicht ankommen. Unter Segeln war ich eh langsam genug, aber als später der Motor lief, drosselte ich die Fahrt.
So sollte es klappen, erst nach Sonnenaufgang einzutreffen. Und so wars dann auch, die ersten Sonnenstrahlen beleuchteten Porto Santo!!! 
Leider reicht für Fotos weder Handynetz noch sonstwas. So ist das eben in Parallelwelten!

11 Kommentare:

  1. Hey Klaus, bin wieder da, hrabe einige Korrekturen an meinem Körper machen, Hörgerät links, gutartige Geschwür Nase, und Auge links Grauer Star, war auch der Grund warum ich nicht lesen und schreiben durfte, hab heute dein Journal vergangene Woche gelesen, Spannung ist fühlbar, ich glaube uhf/vhf mitten auf der Atlantique wirkt nicht eher HF frequenties, meine ich.
    LG Robby

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  2. Hallo Klaus,
    schön von Dir zu hören.War ja richtig spannend deine Überfahrt. Jetzt ist bestimmt ein paar Tage Land angesagt oder?

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  3. Meinen Respekt für die lange und dunkle Tour,das macht lange jeder!!
    Hoffe das du erst mal Kraft sammeln kannstund weiter so spannend schreibst.
    LG Harry

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  4. Hallo, ich bin es nochmal.
    Ich meinte natürlich das macht lange nicht jeder,War aber klar,oder?
    Bis bald Harry

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  5. Hallo ihr Lieben, freue mich über jeden Kommentar! Robby, Tom und Harald, ist schon komisch, da ist mann 4 Tage wirklich ausserhalb jeglicher Kommunikationsmittel und die Freude ist groß, was zu lesen. Wie war das noch vor 40 Jahren? Zur Not ne Telefonzelle, die Eltern waren froh, überhaupt aus dem Urlaub mal was zu hören. Wenn ihr mal länger als die doppelte Zeit wie veranschlagt nichts von mir lest, dann...

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  6. Hallo Klaus, ich setze mich gleich nach dem Dienst ins Bötchen oder Böötchen( wie auch immer) und komme mal rüber . Macht ja jeder....😂🙈.
    Oh jetzt gibt's Ärger von Harry.
    LG Tom

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  7. Hallo Klaus, ich setze mich gleich nach dem Dienst ins Bötchen oder Böötchen( wie auch immer) und komme mal rüber . Macht ja jeder....😂🙈.
    Oh jetzt gibt's Ärger von Harry.
    LG Tom

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  8. Zwischen Kaffeetasse und Samstagsbrötchen lese deine September Eintragung....Junge,Junge.... deine Art des schriftlichen “Erzählens“verändert sich, wird fliessender...schön! Gestern Spatenstich in JEK und Betriebsfest....2020 werden die fertig und ich 60 ;-) wünscht Dir sonniges windiges WE! Efi

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  9. Hallo Klaus, Glückwunsch zur Überfahrt. Madeira ist auch ein attraktives Ziel. Hoffe es gelingt dir etwas Kraft zu tanken und die Insel zu genießen. Der Blick von den Bergen über die Wolken auf den Atlantik ist besonders schön. Die Gedanken sind sicher schon in Florida. Ich wünsche Dir viel Geduld und halt die Ohren steif. In Gedanken bin ich bei Dir.
    Ulli Burkamp

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  10. Hallo Klaus, da du uns jetzt deine Blogg-Adresse geschickt hast, habe ich mit Spannung deine Berichte gelesen! War ja schon einiges los (am Schiff im wahrsten Sinne des Wortes)!Wie schaffst du es mit so wenig Schlaf auszukommen?
    Auf Madeira waren wir schon mehrmals (auch ohne Schiff), schöne Altstadt in Funchal, auch die Markthalle ist sehenswert. Wie lange bleibst du noch dort?
    Wir wünschen dir weiter alles Gute und weniger große Wellen, aber selbst die großen Pötte haben beide Male bei der Überfahrt zu den Kanaren ordentlich geschaukelt, sodass die Speisesäle schön leer waren!
    Vielleicht schaffen wir ja tatsächlich ein Treffen auf einer Kan. Inseln im Oktober!
    LG Claudia

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  11. Florida ist auch in Gedanken noch weit weg, jetzt geht's erstmal auf die Kanaren! Und an Hurrikans mag ich gar nicht denken!!!

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